Zum Inhalt springen

Regenbogen

Last updated on 21. Januar 2021

Wenn ich im Laden an einem Regenbogen-Ohrstecker vorbeilaufe, dann greifen meine Hände wie ferngesteuert danach und legen das Päckchen in den Einkaufswagen.

Wenn ich am Friedhof sehe, wie Menschen immer wieder Jonas Grab mit Regenbogen verzieren, dann bin ich dankbar und fühle sowas wie Mut in mir.

Ich glaube, ich könnte nicht genug von irgendwelchen Regenbogen erzählen, Bilder zeigen, davon berichten, wie sich irgendwie etwas in meinem Herzen tut, wenn ich einen Regenbogen sehe. – Und ich glaube, ich bin nicht der einzige Mensch…

Manchmal frage ich mich, warum das so ist, dass mich irgendeine Freude überkommt, wenn ich irgendwo einen Regenbogen finde. Ist das, weil ich zur Sorte der „Regenbogen-Fans“ gehöre – so wie andere halt Fußball-Fans sind?

Oder ist das, weil der Bogen etwas Weiches, Umfassendes an sich hat, und einen irgendwie denken lässt, dass der Kreis sich schließen kann.

Ist es, weil der Regenbogen uns einfach alle Facetten des Lichts aufzeigt – sozusagen das Licht für uns sichtbar, greifbar macht?

Oder ist es, weil wir durch den Regenbogen deutlich erkennen können, wodurch wir überhaupt am Leben sind – Licht und Wasser?

Oder mag es daran liegen, dass der Regenbogen gemeinhin als ein Zeichen für die Hoffnung gesehen wird?

Vielleicht aber liegt es auch nur daran, dass der Regenbogen und ich einfach eine „gemeinsame Geschichte“ haben; eine Geschichte, die mich mit Jona verbindet. Und vielleicht ist das auch so bei den anderen… zum Beispiel bei meiner Freundin Mirjam, deren Tochters Grabstein ein Regenbogen ziert.

Vielleicht aber ist das auch so, weil der Regenbogen uns immer wieder begegnet… Manchmal ganz unverhofft, ohne dass wir darauf gewartet haben, und uns so ein Lächeln aufs Gesicht zaubert, oder unseren Lippen ein „Oh schau mal da! Ein Regenbogen!“ entlockt und uns gemeinsam mit anderen in die gleiche Richtung blicken und staunen lässt.

Vielleicht ist es aber auch das Spannende, weil wir nicht ganz sicher wissen, aber doch ahnen, wann wir mit einem Regenbogen rechnen können, und es Sinn macht Ausschau zu halten.

Vielleicht aber ist es auch einfach, weil wir wissen, dass wir nur die Düse des Gartenschlauchs gegen die Sonne halten und das Wasser aufdrehen müssen… um uns so selbst – ganz bewusst – einen kleinen Moment des Glücks zu bescheren.    

2 Kommentare

  1. Anja Ehemann Anja Ehemann

    Liebe Julia
    Vielen Dank so fühle ich mich nicht so alleine mit meinen Gefühlen. Auch wir haben einen Sohn der an einem Hirntumor erkrankt ist. Wir kämpfen seit Januar und auch ich habe seitdem zum Regenbogen eine besondere Verbindung. Erstens durfte Janne ins Fenster des Familienhauses im März einen malen und zweitens war mehrmals als wir auf Station 16 waren einer aus dem Fenster zu beobachten. Der uns die Hoffnung gab alles irgendwie auszuhalten und durch zu stehen. Jetzt sind wir am Ende der Therapie und haben dennoch Angst dass alles uns wieder einholt.
    Liebe Grüße Anja

    • Julia Boskovic Julia Boskovic

      Liebe Anja,
      ich glaub, ich kann gar nicht so wirklich in Worte fassen, wie mich das gerade bewegt, was du geschrieben hast (und dass du überhaupt geschrieben hast…). Nur in deinen paar Sätzen sind so viele Gefühle und auch Orte, mit denen wieder Gefühle und Erinnerungen verbunden sind, die mir so vertraut sind. Klar wünscht man sich gegenseitig, dass alles gut wird; aber jeder, der nur ansatzweise versteht, was es heißt wegen einem Hirntumor „auf der 16“ zu sein, weiß, dass solche Wünsche ziemlich zerbrechlich sein können. Ich wünsch euch, dass ihr hoffnungsvoll leben könnt, was auch immer noch kommt. Und ich hoffe von ganzem Herzen so sehr, dass Janne leben darf. Und dass die Hoffnung, die ihr habt, euch in allem zuversichtlich sein lässt – und nicht die Angst überwiegt…
      Von Herzen liebe Grüße, Julia

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Julia ist Jahrgang 1981. Sie ist eigentlich Übersetzerin – singt aber am liebsten… und besser als sie übersetzt. 2011 wurde bei ihrem ältesten Sohn Jona ein Hirntumor, genauer bezeichnet als Medulloblastom, festgestellt. Seit seinem ersten Rückfall schreibt sie ihre Gedanken in Form eines Blogs nieder. Sie singt auf Hochzeiten und überall sonst, wo man Lieder braucht. Doch am liebsten nimmt sie Menschen durch ihre eigenen Lieder mit – mit in ihre eigene Welt. Sie bäckt so ungern Kuchen, dass, wenn sie’s doch einfach mal tut, der Rest der Familie fragt, wer denn Geburtstag hat. Sie wünscht sich, sie könnte besser schwimmen, ist aber doch nicht ehrgeizig genug, weil sie sich eigentlich mit Boden unter den Füßen am wohlsten fühlt. Und es geht ihr wie so vielen Müttern auf dieser Welt: Sie ist einfach gern allein – und ist sie’s dann tatsächlich, fühlt sie sich doch, als würde ihr ein Bein fehlen. Mit ihrem Mann, Jonas drei Brüdern und dessen Hund Mia lebt sie in Ravensburg.