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Flausen im Kopf

Last updated on 21. Januar 2021

Mein Telefon ist voller Notizen… Ich hab mir um 00:48 Uhr Flausen im Kopf notiert. Um 21.25 Uhr habe ich keine Ahnung mehr, was ich damit wollte.

Die Kinder machen noch Radau. Da fällt mir das Nachdenken auch immer etwas schwer. Aber stimmt… wir hatten „Monsieur Chocolat“ angeschaut. Erst spät hatten wir den angefangen. Dieser Film hat mich traurig gemacht und sehr ins Nachdenken gebracht. Wahrscheinlich deswegen hab ich Flausen im Kopf notiert. Ich weiß, wir haben noch über den Film gesprochen. Wir haben darüber gesprochen, wie Menschen bereit sind, völligen Unsinn zu glauben – nur damit sie sich besser fühlen. Privilegiert.

Wir haben im Anschluss an den Film darüber gesprochen, wie Menschen bereit sind, Lügen zu glauben – nur damit sie sich nachher überlegen fühlen. Ich glaube, das war es, worüber wir gesprochen haben… darüber, dass Menschen sich bereitwillig und gerne Flausen in den Kopf setzen lassen – nur damit sie sich und ihr Leben nicht mehr infrage stellen müssen.

Immer wieder mal frag ich mich – mal mit mehr, mal mit weniger Angst im Gefühl – was noch kommen wird. Mir graut vor dem, was uns gesundheitlich bevorsteht. Am meisten aber graut mir vor den Menschen, die wollen, dass alles bleibt, wie es ist. Mir graut vor den Menschen, die wollen, dass alles einfach und unkompliziert bleibt. Vor den Menschen, die sich ein bequemes Leben aufgebaut haben und das ums Verrecken nicht hergeben wollen. Mir graut vor den Menschen, die scheinbar etwas zu verlieren haben  – und nicht bereit sind für Plan B.

Denn – meine Erfahrung hat mir gezeigt – Menschen, die scheinbar etwas zu verlieren haben, sind offen für Flausen im Kopf. Sie sind offen für Ideen, die genau den Boden befestigen, auf dem sie gerade stehen.

Ganz ehrlich – Ich brauch keine Zahlen, um zu wissen, dass wir nichts wollen, was unser Leben aufmischt und nichts, was unseren Lebensstil infrage stellt. Wir wollen nichts, was uns dazu zwingt unsere Pläne zurückzuschrauben und auf Schwächere Rücksicht zu nehmen. Wir sehen uns, unser Leben und unsere Zukunft. Das reicht. Das ist genug. Da ist genug, mit dem wir beschäftigt sind. Wir brauchen nicht noch Einschränkungen, Einbußen, Verzicht…

Vielleicht hab ich mir Flausen im Kopf notiert, weil ich nicht wirklich daran glaube, dass diese komischen Gedanken weniger werden. In weniger Köpfen ihr Unwesen treiben.

Und vielleicht hab ich mir Flausen im Kopf deswegen notiert, weil ich trotz alledem weiß, da wird immer wer sein… Da wird immer wer sein, der da ist für die, die scheinbar allein kämpfen. Der da ist für die, denen die Kraft und Möglichkeit zum Reden fehlt. Da wird immer wer sein, der für die spricht, die kaum bis keine Fürsprecher haben.

Da wird immer wer sein, der nicht einfach glaubt, was „man so sagt“… nur weil es ihm gerade in den Kram passt. Da wird immer wer sein, der auf Flausen im Kopf pfeift, der reflektiert und verzichtet – weil da ein anderer Mensch ist, der ihm genau das alles wert ist.

2 Kommentare

  1. Zu „Plan B“ fällt mir ganz spontan Lea Linster ein. Und ihre Aussage. „Plan B muss so gut sein dass man sich fast freut wenn Plan A nicht funktioniert“.
    Ich weiß… Zu Deinen ernsthaften Gedanken klingt das jetzt zu banal. Trotzdem.
    Mach bitte weiter so und teile Deine Meinung mit uns. Mir ist das sehr wertvoll.
    Liebste Grüße. 🥰

    • Julia Boskovic Julia Boskovic

      Meine „ernsthaften Gedanken“ kommen genau da her, wo auch alles andere herkommt – aus diesem oberbanalen Leben. Und – ich glaub echt an Plan B und C und D 🙂 Und wenn du, alter Hase des Lebens, mir sagst, ich soll meine Meinung teilen… Mensch, dann fühl ich mich echt ermutigt! Und, Mensch, meine Meinung kommt auch echt daher, dass ich mit Menschen wie dir im Gespräch bin. Drum ein Danke an dich und an alle anderen, die ihre Gedanken und Meinungen mit mir teilen – ohne euch gäb es nicht mal die Hälfte dieses Blogs! <3

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Julia ist Jahrgang 1981. Vor Jahren hat sie mal das Übersetzerhandwerk gelernt, heute schreibt sie Lieder und arbeitet als Sängerin und Stimmtrainerin. 2011 wurde bei ihrem ältesten Sohn Jona ein Hirntumor, genauer bezeichnet als Medulloblastom, festgestellt. Seit seinem ersten Rückfall schreibt sie ihre Gedanken in Form eines Blogs nieder. Zimmerpflanzen mag sie eigentlich gern, hat ihren Kopf aber lieber in Liedern und ihre Finger am Klavier, sodass diese in ihrem Haus meistens kein allzu langes Leben haben. Kuchen bäckt sie so ungern, dass, wenn sie’s doch mal tut, der Rest der Familie fragt, wer denn Geburtstag hat. Sie wünscht sich, sie könnte besser schwimmen, ist aber doch nicht ehrgeizig genug, weil sie sich eigentlich mit Boden unter den Füßen am wohlsten fühlt. Und es geht ihr wie so vielen Müttern auf dieser Welt: Sie ist einfach gern allein – und ist sie’s dann tatsächlich, fühlt sie sich doch, als würde ihr ein Bein fehlen. Mit ihrem Mann, Jonas drei Brüdern und dessen Hund Mia lebt sie in Ravensburg.