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Der Podcast – meine eigenen Gedanken

Last updated on 6. Juni 2021

Aufgewachsen mit Bayern5 und Deutschlandfunk während dem Abwasch, bin ich wohl etwas geschädigt, und habe jetzt in meinem eigenen Haus nie so wirklich Lust, in der Küche alle viertel Stunde dieselben Nachrichten zu hören. Ich lese – dann wenn ich Zeit habe.

Erst das letzte Jahr, es begann eigentlich mit einem Hörbuch (schon lange hatte ich kein Buch mehr nur zum Anhören gekauft), hab ich angefangen, mir bei den langen Gassi-Runden Podcasts „reinzuziehen“. Und wenn man dann mal den Freundinnen erzählt, dass einen dieser oder jener Podcast inspiriert hat, dann tauscht man sich aus, und man findet heraus, welche die Guten sind – oder die, die zu einem passen.

Während des Laufens oder Wäschemachens abzutauchen in die Welt eines Themas oder einer Person, empfinde ich als erfüllend oder auch beruhigend. Gerade bei monotonen Tätigkeiten, wie zum Beispiel heute beim Küche putzen, ist es angenehm, mich mit meinen Gedanken aus der Küche herauszubewegen, hinein in Gedanken, die ich vielleicht noch nie vorher gedacht habe, in einen Blickwinkel, den ich vorher nicht kannte, oder in ein Thema, dessen ich mir vorher noch gar nicht bewusst war.

Und wie das oft so ist bei Dingen, die man sich angewöhnt hat, man denkt erstmal nicht mehr darüber nach. Man folgt der Macht der Gewohnheit. Und so kommt es, dass ich, wenn ich das Haus verlasse und weiß, die Runde wird länger, mir einen Podcast aussuche, die Stöpsel ins Ohr stecke, und dann mal weg bin. – Weg vom Haus. Weg von meiner Welt. In Gedanken anderswo. Ist der Podcast aus, nehm ich manchmal etwas mit in meine Welt. Oft aber war es einfach nur ein kleiner Ausflug.

Es hat gute Seiten, sich einfach mal gedanklich rauszubeamen, wenn man sonst nicht wirklich rauskommt. Aber bei aller Inspiration gibt es eine Sache, von der unsere Gesellschaft große Gefahr läuft, sie verkümmern zu lassen: Die Fähigkeit zu ergründen, was in uns selbst ist – und nicht in anderen. Die Fähigkeit zur Ruhe zu kommen, und es auszuhalten – mit sich selbst und mit dem, was in einem ist.

Wann hast du das letzte Mal inne gehalten und dir selbst zugehört, dich selbst „reden“ lassen? Dich einfach mal hingesetzt, mit Stift und Papier, und ausgeleert, was gerade in dir steckt? Wann hast du das letzte Mal einfach aufgeschrieben, was dir in den Sinn kommt? – Nicht für Facebook, nicht für Twitter, nicht für einen Freund. Wann hast du das letzte Mal etwas gemalt, gezeichnet, weil du es gefühlt hast? – Nur für dich. Nicht, damit es einer schön findet (oder auch nicht). Sondern um zur Ruhe zu kommen in dieser Welt, in der fast jeder Schatz und jeder Müll, den wir in uns tragen, nach außen gekehrt wird. Und das nicht nur, damit wir ihn los sind. Sondern, weil… es gibt viele Gründe. Aber einer der Hauptgründe ist, weil wir es uns einfach angewöhnt haben.

Nichts gegen Impulse, nichts gegen Inspiration und nichts gegen Information. Und auch nichts dagegen, dass man manche Dinge teilt. Aber ich hab mir wieder angewöhnt, mal öfters den Knopf aus dem Ohr zu nehmen, und die Gedanken anderer auf lautlos zu schalten. Ich hab mir wieder angewöhnt, etwas öfter meinen eigenen Gedanken zuzuhören, sie aufzuschreiben – statt vor ihnen wegzulaufen.

Denn manchmal ist es gut (wenn auch nur für ein paar Minuten) den Rest der Welt stumm zu schalten und nur diesen einen Podcast zu hören – den der eigenen Gefühle und Gedanken.

2 Kommentare

  1. Liebe Julia…. ICH für mich verstehe nicht, dass mir beim Laufen Menschen entgegen kommen, die Stöpsel in den Ohren haben. ICH liebe das Gezwitscher der Vögel. Oder ärgere mich über den Strassenlärm. Oder führe teils heftig zornige Selbstgespräche (und drehe mich dann manchmal um, damit ich sicherer bin, nicht als Psycho angesehen zu werden. Ich führe auch heftig zornige „Innengespräche“ mit nicht Anwesenden… die mich teilweise schon knapp an einen Herzkasper geführt haben.
    Vielleicht liegt es auch am Alter dass mir Stöpsel im Ohr, egal ob tagsüber oder nachts, sehr ungewohnt sind. Aber wie bei allem, was wir denken, fühlen, leben: jeder muss seinen eigenen Weg finden. Und gehen.
    Bis die Tage! ❤️

    • Julia Boskovic Julia Boskovic

      🙂 Mag sein – vielleicht ist es wirklich ein „Generationen-Ding“; meine Mutter hat mich auch immer dafür kritisiert, dass wir immer versuchen, zehn Sachen mit einer Klappe zu schlagen… Telefonieren, informieren, unterhalten – alles „on the go“. Und eben, diese Gespräche mit sich selbst und nicht anwesenden anderen, die sind so wichtig.
      Ich freu mich auf „die Tage“!

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Julia ist Jahrgang 1981. Sie ist eigentlich Übersetzerin – singt aber am liebsten… und besser als sie übersetzt. 2011 wurde bei ihrem ältesten Sohn Jona ein Hirntumor, genauer bezeichnet als Medulloblastom, festgestellt. Seit seinem ersten Rückfall schreibt sie ihre Gedanken in Form eines Blogs nieder. Sie singt auf Hochzeiten und überall sonst, wo man Lieder braucht. Doch am liebsten nimmt sie Menschen durch ihre eigenen Lieder mit – mit in ihre eigene Welt. Sie bäckt so ungern Kuchen, dass, wenn sie’s doch einfach mal tut, der Rest der Familie fragt, wer denn Geburtstag hat. Sie wünscht sich, sie könnte besser schwimmen, ist aber doch nicht ehrgeizig genug, weil sie sich eigentlich mit Boden unter den Füßen am wohlsten fühlt. Und es geht ihr wie so vielen Müttern auf dieser Welt: Sie ist einfach gern allein – und ist sie’s dann tatsächlich, fühlt sie sich doch, als würde ihr ein Bein fehlen. Mit ihrem Mann, Jonas drei Brüdern und dessen Hund Mia lebt sie in Ravensburg.