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Spaß haben

Last updated on 21. Januar 2021

„Das macht irgendwie kein‘ Spaß mehr…“ wollte ich neulich sagen, als es um Weihnachten ging. „Was für eine Einstellung!“ musste ich mich selber zurechtweisen. Meine erste Reaktion, wenn die Dinge nicht so laufen, ist – Augen zu und durch. Lassen, wie es ist. Abfinden. Meckern hilft nicht wirklich – wenn, dann Tun. Aber was, wenn du nichts tun kannst, um das zu ändern, was um dich herum geschieht? (Und ich spreche hier nicht von Politik, falls manchen schon ein „Aber…“ auf der Zunge liegt.)

Der Grad ist manchmal schmal, zwischen dem, was es heißt, eine Situation zu akzeptieren und das Beste draus zu machen – und dem, dass man nur noch still dasitzt und wartet, dass irgendwann die Zeiten wieder besser werden.

Meistens werden sie das – die Zeiten… besser. Aber was, wenn nicht? Was, wenn ich sehe, das wird nicht mehr? Dann nur, um festzustellen, ich hab mein Leben auf morgen verschoben – in der Erwartung, dass morgen so wird, wie ich mir wünsche, dass es heute wäre? (Kompliziert? Schon ein bisschen, oder? Aber ich halte mich selbst für durchschnittlich intelligent und in manchen Bereichen durchaus etwas hirnfaul, von daher kann er so komplex gar nicht sein, dieser Gedankengang.)

Manche schmeißen mit Motivationssprüchen um sich, die zwar stimmen, aber doch nichts bewirken. Denn es geht ja nicht darum, von einem gut formulierten Spruch fasziniert zu sein, sondern darum, dass sich im Herzen und in den Händen was bewegt. „Gib jedem Tag die Chance, der beste deines Lebens zu werden!“ Der Spruch lässt mich meistens nur müde grinsen, weil er so abgedroschen ist. Aber – er stimmt!

Als Jona im Krankenhaus war, musste ich mich zwingen, nicht diese „Augen-zu-und-durch-Haltung“ zu kultivieren, sondern mich anzustrengen, mein Möglichstes zu geben, dass jeder Tag ein guter, ein besonderer Tag wird. Es war nicht jeder Tag ein Feiertag – und auch nicht jeder Tag konnte zu einem Feiertag gemacht werden; und ich glaube zu unserer Zeit auf der KMT (das ist die Knochenmarktransplantationsstation, auf der Kinder in der Regel mehrere Wochen bis Monate verbringen – isoliert in einem Einzelzimmer) gab es ein paar Familien, die das noch viel besser konnten als wir. – Den Moment feiern. Aus schlechten Zeiten das Beste machen. Kleinigkeiten, und waren sie noch so klein, zelebrieren und genießen. Ich hab von ihnen gelernt.

Denn echter Spaß ist, was man aus dem macht, was man zur Verfügung hat. Spaß haben, passiv – was ist das schon?

Bewusst Schönes sehen wollen, auch wenn dein Auge vor Tränen fast nichts mehr sehen kann. Freude suchen, auch wenn dein Herz so schwer ist, dass es dich fast im Boden versinken lässt. Sich beschenkt fühlen, auch wenn du vor lauter Verpackung nicht mehr weißt, was dir eigentlich geschenkt wurde.

Ich erinnere mich noch zu gut an die Worte einer Frau, die über Jahre hinweg ihren an Demenz erkrankten Mann gepflegt hat: „Manchmal lese ich bewusst ein Witzebuch – einfach nur, weil es gut ist, mal wieder laut zu lachen.“

Was ist schon Fröhlichkeit – wenn man nur darauf wartet, dass man der Glückliche ist, dem sie zufällig passiert? Ausgelassen sein, lustig sein, sich und seine Situation mal vergessen können (wenn auch nur für ein paar Sekunden) – das kommt nicht zufällig; das muss gezielt angesteuert werden. Das muss man erfahren und erleben wollen. Das muss man planen.

Und geplant wird dadurch nicht nur der Spaß – sondern vor allem eine gewisse Einstellung zum Leben und eine Haltung gegenüber anderen.

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2 Kommentare

    • Julia Boskovic Julia Boskovic

      Eine feste Umarmung nach Indonesien!

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Julia ist Jahrgang 1981. Sie ist eigentlich Übersetzerin – singt aber am liebsten… und besser als sie übersetzt. 2011 wurde bei ihrem ältesten Sohn Jona ein Hirntumor, genauer bezeichnet als Medulloblastom, festgestellt. Seit seinem ersten Rückfall schreibt sie ihre Gedanken in Form eines Blogs nieder. Sie singt auf Hochzeiten und überall sonst, wo man Lieder braucht. Doch am liebsten nimmt sie Menschen durch ihre eigenen Lieder mit – mit in ihre eigene Welt. Sie bäckt so ungern Kuchen, dass, wenn sie’s doch einfach mal tut, der Rest der Familie fragt, wer denn Geburtstag hat. Sie wünscht sich, sie könnte besser schwimmen, ist aber doch nicht ehrgeizig genug, weil sie sich eigentlich mit Boden unter den Füßen am wohlsten fühlt. Und es geht ihr wie so vielen Müttern auf dieser Welt: Sie ist einfach gern allein – und ist sie’s dann tatsächlich, fühlt sie sich doch, als würde ihr ein Bein fehlen. Mit ihrem Mann, Jonas drei Brüdern und dessen Hund Mia lebt sie in Ravensburg.