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Nobody rides for free – in Komfortzone

Last updated on 1. März 2021

Keiner fährt umsonst mit! – So steht es auf dem kleinen VW Lupo, der sich gerade im Verkehr in die Lücke vor mir schiebt (natürlich steht das da auf Englisch, dass es auch ja keiner versteht). Was sonst noch klein ist hier, abgesehen vom Auto an sich, kann ich nicht sagen – sein Fahrer, dessen… Selbstbewusstsein vielleicht, oder sein Anstand? „Gas, Grass or Ass  – Nobody rides for free“ – Der Text des Aufklebers samt seinen schicken Bildern sticht voll raus. „Wohooo!!!“ spötteln meine Gefühle. Autofahrer mit derartigen Stickern haben generell einen sehr schlechten Stand bei mir.

Nachher schiebt sich der Wagen wieder in die Spur daneben. An der roten Ampel stehen wir beide vorne. Ich sehe einen weiteren Aufkleber auf dem Blech der Beifahrertür. Den Spruch hab ich schon mal wo gelesen „Life begins at the end of your comfort zone“. Allzu gerne hätte ich jetzt mal an seiner Autotür geklopft „Lass uns mal über Komfortzonen sprechen, Schätzchen…“

Mal ernsthaft – Hat das was mit dem Verlassen meiner Komfortzone zu tun, wenn ich zu einem Typen ohne Manieren ins Auto steige? Oder wenn ich mich an ein Seil gebunden, Kopf voraus von einer Plattform stürze?

Ich glaube nicht, dass das Verlassen der Komfortzone etwas mit Hirnrissigkeit zu tun hat. Auch glaube ich nicht, dass ein „normaler Mensch“ mit einem normalen Gefühl für sich selbst und einem gesunden Bezug zu seinem Körper und seiner Seele unbedingt Dinge tun muss, die komplett gegen seine Natur sind, nur um seine Komfortzone zu verlassen.

Vielmehr glaube ich, dass das alltägliche Leben uns viel mehr Möglichkeiten in den Weg stellt, um unsere Komfortzone zu verlassen, als uns eigentlich lieb ist. Und genau aus diesem Grund denken wir bei diesem Thema gerne einfach an Raserei und Fallschirme.

Weil – ist es nicht manchmal schwerer…

  • Menschen, die kaum einer anschaut, ein Lächeln oder ein Wort schenken.
  • Eine Maske tragen, auch wenn es einem unangenehm ist und die Sinnhaftigkeit diskutabel scheint, in freundlichem Ton den Unmut zu äußern und konstruktiv zu kritisieren, statt frech Politiker und Ärzte (die ja Jahre lang doch irgendwie gut genug waren) einfach nur mal plump als „doof“ zu bezeichnen.
  • Dankbar sein, auch wenn sich scheinbar wenig Grund dazu finden lässt.
  • Annehmen und bestmöglich weiterleben – gerade dann, wenn man eben nicht selbst beschlossen hat, seine Komfortzone zu verlassen; sondern wenn das Leben einen aus ebendieser herauskatapultiert. Und wenn man sich plötzlich in Situationen befindet, in denen einem auch der beim Bungee-Sprung  bewiesene Mut nicht mehr so richtig was nützt.

Über eigene Grenzen hinauszuwachsen, sich weiterzuentwickeln, wahren Mut zu beweisen – all das hat weniger mit ausgefallenen Aktionen zu tun, als vielmehr damit, dass man ehrlich ist gegenüber sich selbst und gegenüber den „Baustellen“ im eigenen Leben.

Wer Spuren hinterlassen und sich nicht durch Tiefschläge verbittert zurückziehen will, wird letzten Endes keine andere Wahl haben – keine andere Wahl, als seine eigene Komfortzone zu verlassen.

Es gibt Eltern, junge Kinder – die tun das Tag für Tag… ohne sich bewusst zu sein, was sie da gerade tun, und was das mit ihnen macht. Sie sind Hochleistungs-Menschen, wahre Überlebenskünstler, Experten im Verlassen der Komfortzone. Sich selbst würden sie nie als solche bezeichnen. Denn das war nie ihr Ziel – ein Leben außerhalb der Komfortzone.

Den einen Fehler dürfen wir nicht machen… Wir dürfen nicht das Verlassen der Komfortzone mit abenteuerlichen Wagnissen oder Abgedrehtheit verwechseln. Denn wer wirklich leben möchte, wer bewegen will – sich selbst und andere – der wird keine andere Wahl haben, als zu lernen, wie man seine eigene Komfortzone auf beste Weise verlässt.

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Julia ist Jahrgang 1981. Sie ist eigentlich Übersetzerin – singt aber am liebsten… und besser als sie übersetzt. 2011 wurde bei ihrem ältesten Sohn Jona ein Hirntumor, genauer bezeichnet als Medulloblastom, festgestellt. Seit seinem ersten Rückfall schreibt sie ihre Gedanken in Form eines Blogs nieder. Sie singt auf Hochzeiten und überall sonst, wo man Lieder braucht. Doch am liebsten nimmt sie Menschen durch ihre eigenen Lieder mit – mit in ihre eigene Welt. Sie bäckt so ungern Kuchen, dass, wenn sie’s doch einfach mal tut, der Rest der Familie fragt, wer denn Geburtstag hat. Sie wünscht sich, sie könnte besser schwimmen, ist aber doch nicht ehrgeizig genug, weil sie sich eigentlich mit Boden unter den Füßen am wohlsten fühlt. Und es geht ihr wie so vielen Müttern auf dieser Welt: Sie ist einfach gern allein – und ist sie’s dann tatsächlich, fühlt sie sich doch, als würde ihr ein Bein fehlen. Mit ihrem Mann, Jonas drei Brüdern und dessen Hund Mia lebt sie in Ravensburg.